“… Viele Deutsche hatten die Stadt bei Beginn des Krieges verlassen. Sie kehrten erst nach der Übergabe zurück, betrieben eine umfassende Wohltätigkeit und gewährten unter der Führung des Vorsitzenden der deutschen Kolonie, des Großkaufmanns Richard Böcking, während der vierjährigen Zeit der Besetzung eine großzügige Gastfreundschaft, ohne Rücksicht darauf, daß ihnen dies später von den Belgiern übel angekreidet werden könnte. Auch schon während des Krieges ist dies — wie es natürlich ist — geschehen und nach dem Kriege noch mehr.
— Manche Deutsche haben allerdings erst während der Zeit der Besetzung ihr deutsches Herz entdeckt. Mit der uns nun mal leider anhaftenden Anpassungsfähigkeit haben Deutsche ihre Nationalität verheimlicht oder wenigstens kaum gezeigt. Sie hatten ihr Nationalgefühl verloren. Unsere gesetzlichen Bestimmungen erleichterten das, ja sie erschwerten sogar die Zugehörigkeit zum Deutschtum zu bewahren. Das galt namentlich für junge Leute, die wenig Neigung spürten, ihrer militärischen Dienstpflicht zu genügen, und es deshalb vorzogen, Belgier zu werden.
— Diese Renegaten sind dann natürlich die schlimmsten Deutschenfresser; sie halten sich für verpflichtet, ihre völlige Assimilation an die frisch erworbene Nationalität recht augenfällig, einwandfrei zu machen. Ein wichtiger Punkt in der deutschen Kolonie Antwerpens war die deutsche Schule, die unter einer deutschen Schulkommission und der tatkräftigen Leitung des Direktors Gaster zur Erhaltung und Pflege deutscher Gesinnung beitrug. Ähnliches läßt sich über die deutsche Schule in Brüssel sagen.
BRON: Deutsche Rundschau, Jg. 46 Bd. 181 ‐ Berlin: 1919, 201‐218. artikel: Von der Besetzung Belgiens. Erinnerungen aus dem Weltkriege – Hans von Zwehl, General der Infanterie z. D. (gedurende de oorlog gouverneur van Antwepen)